tag:blogger.com,1999:blog-89482429271530036832024-03-12T17:02:51.030-07:00 Rosalie Claireveaux - bemusedUnknownnoreply@blogger.comBlogger7125tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-83725291274566928192014-02-09T07:46:00.001-08:002014-02-09T07:47:33.300-08:00Im Westen nichts Neues. Oder doch?<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXcQY5EpjxZ5D2Uc1tvm0AS_r-hy26QsnhREzP5Wf91RUeBuNTOLutfvCeJaethOWxx4oCSD76qHv31wss9VFyMGgUVqSoOCS68b3kq4pATMNVWE7_PWVRfE2FROsY9lw4bV7aC72mPg/s1600/5246310_e518bffba8_s.jpeg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXcQY5EpjxZ5D2Uc1tvm0AS_r-hy26QsnhREzP5Wf91RUeBuNTOLutfvCeJaethOWxx4oCSD76qHv31wss9VFyMGgUVqSoOCS68b3kq4pATMNVWE7_PWVRfE2FROsY9lw4bV7aC72mPg/s1600/5246310_e518bffba8_s.jpeg" height="295" width="400" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><span style="font-size: xx-small;">Quelle: kungfutius.blog.de</span></td></tr>
</tbody></table>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;">Mein
letzter Eintrag liegt schon ein wenig zurück. Das liegt nicht daran, dass alles
bereits gesagt wäre – ganz im Gegenteil. Eine Begegnung mit der
Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin Seyran Ates öffnete mir Türen zu neuen Gedankengängen und einer neuen
Sichtweise auf das Kopftuch. Viel Zeit habe ich damit verbracht, meine eigene
Ansicht und die Motivation hinter diesem Weltbild zu hinterfragen und justierte
so meinen Standpunkt nicht gänzlich neu, aber doch deutlich anders – ohne Frau
Ates Einstellung unreflektiert zu übernehmen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;">Das entscheidende Moment für mich ist
die Erkenntnis, dass ich zwei Dinge nicht sauber voneinander getrennt bzw. mir
eine Frage selbst nicht ausreichend klar beantwortet habe: Die Frage nach dem
Warum. Warum bin ich für das Tragen eines Kopftuches? Ich habe dies in den
vorangegangenen Texten und in den Social Media Kanälen zwar bereits detailliert
begründet, mich aber darin auch verloren. Denn: Stark heruntergebrochen beruht
meine Einstellung auf dem Weltverständnis des Credos, alle Menschen sind
gleich. Ich verabscheue Rassismus und die Diskriminierung von Menschen und
Gruppen, die nicht ins eigene Weltbild passen möchte oder Befindlichkeiten
stören. Jeder muss unumstößlich das Recht haben, tun und lassen zu können, was
er möchte. Das gilt zumindest solange, wie kein anderer seelisch, körperlich
oder in seinem Recht verletzt wird. Dafür stehe ich ein und dafür kämpfe ich. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;">Ich bin also gar nicht für das Kopftuch,
sondern gegen Diskriminierung. Und deshalb sollen Frauen in Deutschland das
Kopftuch tragen dürfen; natürlich unter der Prämisse, <b>wenn sie es denn
möchten</b>. So weit so gut. Zu Ende gedacht? Leider nein. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;">Ich habe bereits ausgeführt, dass in
Deutschland besonders in den Städten das Anlegen eines Kopftuches oftmals eine
selbstbestimmte Handlung ist. Das glaube ich immer noch, auch wenn ich mir über
die Ausnahmen durchaus im Klaren bin. Dennoch impliziert das Kopftuch folgende
Botschaft über die Trägerin: Ich bin eine Frau, ich bin „das andere
Geschlecht“, ich bin schwach und muss meine Haare als sexuellen Anreiz vor dem
Mann verbergen. Am 3. Januar schrieb ich: „[…]<span style="background-color: white;"> <i>‚</i></span></span><i><span style="background-color: white; font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;">Wir tragen ein Kopftuch zum Schutz. Es gibt mir Sicherheit.
Ich verstehe nicht, was daran falsch sein soll.‘ Zu behaupten, dass solche
sexuellen Übergriffe in Deutschland zwar möglich sind und vorkommen, jedoch
keineswegs vergleichbar mit denen in Pakistan, Ägypten oder Iran sind, würde
von der überhöhten Einschätzung der „zivilisierten“ westlichen Kultur zeugen,
die sie bereits zu Kolonialzeiten zur Schau gestellt hat. Auch in Deutschland
herrscht in vielen Köpfen noch die Höherstellung des Mannes gegenüber der Frau
vor und auch hier glauben noch zu viele, Mann dürfe sich nehmen was gefällt.“</span></i><i><span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;"> <o:p></o:p></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: 10pt;"><br /></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;">Bislang
kam ich zu dem Schluss, dass dieses empfundene Schutzgefühl doch ein legitimer
Grund sei. Ich habe mich geirrt. Meine Argumentation beruht auf der Ansicht,
dass nicht die Frau mit dem Kopftuch zu hinterfragen ist, sondern die
Gesellschaft, in der ein solcher Schutz überhaupt erst benötigt wird. Das
stimmt und davon weiche ich nicht ab. Ates sieht das genauso, zieht aber andere Konsequenzen. Sie fasst das Dilemma so zusammen:<i> „</i><span style="background: white;"><i>Das Kopftuch […]
steht nicht für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Da mögen sich die
"Feministinnen" mit Kopftuch noch so verbiegen in ihrer
Argumentation; sie können es noch so modern und bunt binden und sich darunter
noch so erotisch und sexy kleiden. Das Kopftuch ist die Flagge der Trennung der
Geschlechter und der "Andersartigkeit", sprich Minderwertigkeit der
Frauen. Es teilt Mädchen und Frauen in gute und schlechte. Da hilft es auch
nicht, wenn die Kopftuchträgerinnen immer wieder runter beten, Männer und
Frauen seien vor Gott gleichwertig. Gleichwertig bedeutet eben nicht
gleichberechtigt.“</i> Das Patriarchat mit den Waffen der
Männer zu bekämpfen, ist also genauso wirksam, wie dem Lungenkrebs mit einer
Schachtel Zigaretten am Tag trotzen zu wollen: vollkommen wirkungslos und
inkonsequent. <o:p></o:p></span></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;"><span style="background: white;"><br /></span></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="background: white; font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;">Viele Menschen in Deutschland kritisieren das Kopftuch, weil
es „aus dem Islam“ stammt, weil sie sich von der „fremden“ anderen Kultur
bedroht und sich selbst zurückgesetzt fühlen. Einer solchen Diskriminierung
entgegenstellend, verlor ich die Argumente aus den Augen, die wirklich gegen
ein Kopftuch sprechen: Die Anerkennung der Frau als dem Mann gleichwertiges
Geschlecht, sowohl in der Religion, als auch in der Gesellschaft. Das ist natürlich
allgemein gültig und nicht allein auf den Islam gemünzt. Aber was bringt mir die
Erkenntnis? Reiße ich zukünftig den Frauen ihre Kopftücher vom Haupt? Mitnichten.
Solange christliche Krankenhäuser die Untersuchung von Vergewaltigungsopfern ablehnen,
Frauen die Priesterweihe verwehrt wird, Empfängnisverhütung geächtet und geschiedene,
unverheiratete Frauen ausgeschlossen und benachteiligt werden, hat keiner ein
Recht, auf den Islam und das Kopftuch zu zeigen. </span><br />
<span style="background: white; font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;"><br /></span>
<span style="background: white; font-family: "Arial","sans-serif"; font-size: 10.0pt;">Und nun? Alles beim Alten belassen
und über die Missstände hinwegschauen, weil auch die eigene Kultur in einer
gleichen Schieflage ist? Keinesfalls! Das Kopftuch ist "nur" ein weiteres Puzzlestück patriarchalischer Strukturen, die nicht nur in der Religion, sondern auch in
der Gesellschaft gegeben sind. Damit ist es nicht nur Teil einer religiösen, sondern auch einer politischen
Debatte. Auf dieser Basis und mit deren Mitteln gilt es einzugreifen und die
Fesseln zu lösen – in der Religion, der Gesellschaft, in den Köpfen der
Menschen. Wenn das erreicht ist, stellt sich die Frage nach einem Kopftuchverbot nicht mehr.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
</div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
Unknownnoreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-44715777141736801082014-01-14T08:23:00.002-08:002015-10-28T08:15:30.452-07:00The refugee challenge: Can you break into Fortress Europe?<b>Großer Gott stehe mir bei, dass ich über keinen Menschen urteile, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gegangen bin.</b><br />
- Gebet der Sioux Indianer -<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhs0wtylrpLGR6AVkI-UfajSGuCeQ1RHS1LyTAEJ7Iao9QNlgbewibUqClMgcM5RUy6O2gw9ov-TNKBrj9TllMTWnkBWznedI-B10wPaEdwROB1rHhaStTdiT0tAoILx-AwsL79ZNEfbA/s1600/Aleppo.bmp" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="190" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhs0wtylrpLGR6AVkI-UfajSGuCeQ1RHS1LyTAEJ7Iao9QNlgbewibUqClMgcM5RUy6O2gw9ov-TNKBrj9TllMTWnkBWznedI-B10wPaEdwROB1rHhaStTdiT0tAoILx-AwsL79ZNEfbA/s400/Aleppo.bmp" width="400" /></a></div>
<br />
<div style="text-align: left;">
"Dein Name ist Karima. Du bist eine 28 Jahre alte, sunnitische Frau aus Aleppo und du hast zwei Kinder: eine 8-jährige Tochter und einen 10 Jahre alten Sohn. Dein Mann wurde bei einem Anschlag vor drei Monaten getötet. Die Luftangriffe hören nicht auf - erst vor kurzem tötete eine Bombe 87 Kinder und du fühlst, dass du Syrien verlassen musst." </div>
<br />
Karima ist fiktiv, aber eine von vielen Tausenden, die sich auf einen entsetzlich langen und gefährlichen Weg in die Ungewissheit machen, um ihr Leben und das ihrer Familie zu retten. In den (sozialen) Medien, beim Kaffee, Bier oder Abendessen: Überall wird über die neue "Flüchtlingswelle" und die damit verbundenen Herausforderungen für Deutschland, Italien und die EU diskutiert. Der "Guardian" geht weiter und lässt uns in die Rolle von Karima schlüpfen. Am eigenen Leib lässt sich durch die interaktive Reise erfahren, mit welchen Herausforderungen Flüchtlinge auf ihrer Route zu kämpfen haben.<br />
<br />
Während bei uns viele schon an der Wahl ihres Getränks oder ihres Outfits scheitern, bekommt man hier eine Ahnung, unter welcher Bedrängnis und mit welchen weitreichenden Konsequenzen Flüchtlinge Entscheidungen treffen müssen, die für sie ganz real nicht nur die Welt, sondern auch das Leben bedeuten. <br />
Probier es aus und triff existenzielle Entscheidungen, die dich entweder weiter nach vorne oder wieder weit zurück bringen:<br />
<br />
<a href="http://www.theguardian.com/global-development/ng-interactive/2014/jan/refugee-choices-interactive?view=desktop" target="_blank"> <span style="font-size: large;"><span style="color: black;"><b>“Refugees and ‘Fortress Europe’: put yourself in their shoes”</b></span></span></a><span style="font-size: large;"><b> </b></span><br />
<br />Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-54174909982798490792014-01-12T07:10:00.001-08:002014-01-12T07:11:03.540-08:00„Wir müssen in Deutschland sozial zusammenwachsen.“<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: center;"><tbody>
<tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjB21DwVvLUYUs-tHddUmnF1gAdYUOdB7kuuETueQhopLPA50-9c1G4l_vzdT496l_AWzB4iLr6X5GgMMGIfnu_d7O0ITLN-LZz81mF2bTCJNUpB5GAHVAU_1JlWFj8IuNNYmzyZqibWA/s1600/JUMA.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjB21DwVvLUYUs-tHddUmnF1gAdYUOdB7kuuETueQhopLPA50-9c1G4l_vzdT496l_AWzB4iLr6X5GgMMGIfnu_d7O0ITLN-LZz81mF2bTCJNUpB5GAHVAU_1JlWFj8IuNNYmzyZqibWA/s1600/JUMA.jpg" /></a></td></tr>
<tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr>
</tbody></table>
<div class="MsoNormal">
Als ich mein Kopftuch am Neujahrsmorgen anlege, trage ich es
ganze fünf Minuten, ehe ich es wieder ablegen muss. „Das kannst du in Köln
machen, aber nicht in meinem Haus“, werde ich sehr bestimmt darauf hingewiesen,
dass es in diesen vier Wänden keinesfalls geduldet wird. Ich füge mich. Nicht
weil ich die Konfrontation scheue, sondern weil es sich nicht gegen Muslima
richtet, sondern vielmehr das Unverständnis mir gegenüber ausdrückt. Muslima,
ob mit oder ohne Kopftuch, sind willkommen. Akzeptiert als Teil ihrer Religion
werden sie gerne im Haus empfangen, so die Aussage. Ich aber, als nichtgläubige
Frau habe dieses Privileg nicht. Mein Anliegen zählt nicht. Damit kann ich in
diesem Moment leben, denn: Es ist eine Reaktion. Und es ist eine Reaktion, die mich
zu einer weiteren, nicht ganz unwichtigen Frage führt: Wie positionieren sich
Muslime zu meinem Kopftuch, das nicht Ausdruck meiner Religion, sondern vielmehr
meiner Anerkennung, Sympathie und Freundschaft ist. Erreicht diese Botschaft die
Muslime oder verletzt das Tragen einer islamischen Kopfbedeckung durch eine
Ungläubige das religiöse Ehrgefühl? <o:p></o:p></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
Erste Antworten finde ich am vergangenen Freitag. Ich treffe
mich mit meiner Freundin. Zusammen wollen wir herausfinden, wie ausgehtauglich
das Kopftuch ist. In einer mexikanischen Bar bestelle ich bei einem sehr
netten, gutaussehenden und zuvorkommenden Kellner ein „Sausalitos Fresh Lemon“.
Der Name verschleiert das Wesen des Getränks. Es ist ein extra für die Bar
hergestelltes Bier mit Zitronenflavour – so steht es in der Karte. Freundlich
weist der junge Kellner mich darauf hin, nimmt die Bekräftigung meiner
Bestellung aber locker und ohne Einwände entgegen. Wenige Minuten später halte ich mein Getränk in den Händen. Ich bin
dem jungen Mann sehr dankbar für seine Reaktion, weil sie mehrere Botschaften
enthält. 1. Die Tatsache, dass ich ein Kopftuch trage, ändert nichts an seinem
Umgang mit mir: Er ist so freundlich und locker, wie an jedem anderen Tisch
auch. 2. Er geht auf mich und mein Kopftuch ein und weist mich auf den Alkoholgehalt
im Getränk hin. Damit offenbart er nicht nur Akzeptanz für mein Kopftuch und
die damit eigentlich zugrundeliegenden Werte und Doktrinen, sondern zeigt sich
3. mit meiner Entscheidung als „Muslima“ trotzdem Alkohol trinken zu wollen,
konform. Dabei ist der junge Mann selbst ein Muslim. <o:p></o:p></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
Der zweite Kellner des Abends ist ebenfalls ein Muslim –
nicht minder nett, sehr herzlich und für jeden Spaß zu haben. Wir verstehen uns
gut, schäkern und sind uns sympathisch. Beim Abkassieren schaut er mich unvermittelt
an und offenbart, was ihn offensichtlich seit unserem Erscheinen beschäftigt
hatte: Die Frage nach meiner Motivation. Es ist ihm ein wenig unangenehm zu
fragen, daher bekräftigt er immer wieder, mir nicht zu nahe treten zu wollen.
Ich freue mich über sein ehrliches Interesse und berichte von meinem Versuch,
meiner Motivation und ersten Erfahrungen. Er ist beeindruckt und erzählt
seinerseits von einer Reportage über eine Journalistin, die er einst gesehen
hat. Diese hatte das Kopftuch aus ähnlichem Grund getragen, aber bereits nach
einer Woche aufgegeben, weil „sie die Blicke nicht mehr ertragen konnte.“ Soweit
bin ich nicht. Auch wenn die drei Mädels, die aus Platzmangel mit uns an einen
Tisch gesetzt wurden und selbst muslimisch, wenngleich auch ohne Kopftuch sind,
keinerlei positive Energie in unsere Richtung frei lassen. Missmutig und stumm
sitzen sie neben uns und bringen nicht einmal ein Lächeln zustande, als ich
ihnen die Getränkekarten rüberreiche. Ob es an meinem Äußeren liegt, kann ich
nicht beurteilen. Unwohl fühle ich mich dennoch nicht – meine Freundin und ich
haben, auch dank der zwei Kellner, genügend positive Energie.<o:p></o:p></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
Wir verlassen das Lokal, wollen raus ins Getümmel und
weiterziehen. Bereits im Vorfeld hatte ein Kollege meiner Freundin Sorgen
geäußert, mit Kopftuch über die Kölner Ringe zu flanieren. Zu gefährlich hielt
er die Idee, schließlich sei die Reaktion der Muslime nicht berechenbar. Seine
Sorge zeigte sich unbegründet, spiegelt aber das durch Islamisten und die
Medien gezeichnete Bild von religionsfanatischen, wenig toleranten und gewaltbereiten
Muslimen wieder. Aber: Islamistisch und islamisch ist nicht dasselbe! Seine
Sorgen bestätigen sich dementsprechend nicht, wenngleich die allgemeine
Resonanz groß ist: Die Menschen schauen mich an, tuscheln, manche gaffen. Mir
fällt es nur bedingt auf – dass ich angesehen werde, kenne ich spätestens seit
ich mir einst die Haare blau und grün färbte nur zu gut. Auch sonst ernte ich
mit meinen langen blonden Haaren, engen Jeans und knappen Tops in der Regel
Blicke, die jetzigen sind aber keineswegs sexuell motiviert, sondern zeugen von
Neugier, Unverständnis und Unglauben.
Selbst als zwei junge Männer sich zeitgleich ein zweites Mal nach mir umdrehen
und dabei stolpern, fällt es nicht mir, sondern meiner Begleitung auf. Dabei
stehen diese Reaktionen im Kontrast zu den Äußerungen der Menschen, mit denen
wir direkt sprechen. Beeindruckt zeigen sie sich, sind begeistert, interessiert
und finden mich mutig. Einige von ihnen kennen wir, einige nicht. Sie alle
gehören aber zu einer Gruppe vor einer Bar, die untereinander befreundet sind
und teilen daher einige grundsätzliche Weltansichten.</div>
<br />
<div class="MsoNormal">
Dennoch klafft diese große Lücke zwischen dem
unkommentierten Auftritt auf der Straße und der unmittelbaren Konfrontation in
Form einer Unterhaltung. Ich beschließe, künftig nicht mehr von meinem Versuch
zu erzählen, sondern die wahren Gründe für mein Kopftuch zu verhüllen. Die
nächste Gelegenheit dazu taucht spontan auf: Ein Obdachloser spricht uns auf
der Straße an und bittet um Kleingeld. Als ich ihm zwei Euro in die Hand
drücke, fällt ihm meine Kopfbedeckung erst richtig auf. Ich bejahe seine Frage,
ob ich aus religiösen Gründen die Kopfbedeckung trage und berichte konvertiert
zu sein. Mit einem Lächeln ergreift der obdachlose, mitten in der nächtlichen
Kälte umherziehender, mittelloser älterer Mann meine Hand, schüttelt sie und sagt
den einen richtigen Satz: „Wir müssen in Deutschland endlich sozial
zusammenwachsen.“ <o:p></o:p></div>
Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-86432140979338337482014-01-05T07:29:00.001-08:002014-01-05T08:00:33.735-08:00„Kein Mensch muss müssen.“ – Nathan der Weise <div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgX1Cnu46BFFQbXYNRmjo9eAfnzt8BuELd5zhkXgvqpMbasz-9N1xkqFor1Illj6NSrrOgIAP2bZOroJhX2tDo6MpuhLFYHPTX_WwNSZ6ENqcAUKKpmFEZqJYbXVY76ItKnHu-sIfx1CA/s1600/Warnschild.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="236" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgX1Cnu46BFFQbXYNRmjo9eAfnzt8BuELd5zhkXgvqpMbasz-9N1xkqFor1Illj6NSrrOgIAP2bZOroJhX2tDo6MpuhLFYHPTX_WwNSZ6ENqcAUKKpmFEZqJYbXVY76ItKnHu-sIfx1CA/s320/Warnschild.jpg" width="320" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="background-color: white; font-family: 'Times New Roman', serif; font-size: 12pt;"><i><br /></i></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="background-color: white; font-family: 'Times New Roman', serif; font-size: 12pt;"><i>„</i></span><span style="background-color: white; color: #30404a; font-family: 'Times New Roman', serif; font-size: 12pt;"><i>Das Wort khimar (von
dem khumur die Mehrzahl ist) bezeichnet die der Sitte von den arabischen Frauen
vor und nach der Ankunft des Islam gebrauchte Kopfbedeckung. Nach den meisten
klassischen Kommentatoren wurde sie in der vorislamischen Zeit mehr oder weniger
als Schmuck getragen und lose über dem Nacken der Trägerin heruntergelassen,
und da in Übereinstimmung mit der zu dieser Zeit vorherrschenden Mode das
Oberteil des Frauengewandes vorn eine weite Öffnung hatte, waren ihre Brüste
unbedeckt. Daher bezieht sich die Anweisung, den Busen mit einem khimar zu
bedecken, nicht notwendigerweise auf den Gebrauch eines khimar als solchen,
sondern soll vielmehr klarmachen, dass die Brüste der Frau nicht in die
Vorstellung dessen einbezogen sind, was von ihrem Körper schicklicherweise
sichtbar sein mag und deshalb nicht gezeigt werden sollte.“(Muhamad Asad,
islamischer Gelehrte und Korrespondent der Frankfurter Zeitung: Die Botschaft
des Koran, S. 677).<o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="background-color: white; color: #30404a; font-family: 'Times New Roman', serif; font-size: 12pt;"><i><br /></i></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Was
also als Schmuck und Zeichen eines sozialen Status (Sklavinnen, Arbeiterinnen
und Dirnen war es verboten, sich zu verschleiern) begann, etablierte sich im
Laufe der Zeit als Gebot für Muslima und hält seither eine 14 Jahrhunderte währende
Tradition. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Als
ich mein Kopftuch das erste Mal anziehe, lege ich gleichzeitig meinen Schmuck
ab. Meine Piercings, die ich bis dato im Gesicht getragen habe, sind nun weg.
Mein Spiegelbild zeigt mir ein ungewohntes Gesicht. Es ist mir nicht fremd,
aber geschmückt fühle ich mich auch nicht. Für das Kopftuch habe ich einen Teil
meiner Identität oder das, was ich damit verbinde, aufgegeben. Ich gefalle mir
dennoch. Bei Frauen mit Kopftüchern faszinieren mich zumeist die Ausstrahlung
ihrer Augen und die schön geschwungenen Augenbrauen, die ihnen im Zusammenspiel
eine eigene Attraktivität geben. Auch meine blauen Augen leuchten auf einmal im
Kontrast zu dem schwarzen Tuch, das mein Gesicht nun einrahmt, auf und ziehen
die Blicke an. Nichts mehr zu sehen ist nun allerdings von meinen blonden
Haaren, die ich doch gerade erst frisch hatte nachfärben lassen, meinen schönen
Ohrringen oder meinem Dekolletés, sofern ich denn eins hätte. All das ist
verschwunden. Stattdessen konzentriert sich nun alles auf mein Gesicht. Das
kann Fluch und Segen sein. Ich empfinde mich selbst meistens als schön, nun
wirke ich sehr blass und mein Gesicht ein wenig gedrungen, was ich mit etwas
mehr Schminke als sonst zu richten versuche. Dennoch fühle ich mich insgesamt
wohl, auch wenn mir mein Schmuck fehlt. Dafür habe ich nun neuen. Es gibt
schließlich tolle Kopftücher mit Verzierungen, mit Perlen und in allen Formen
und Farben. Dass ich ausgerechnet ein schlichtes schwarzes nehmen musste, ist
meine eigene Schuld. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Wenn
eine mir nahestehende Person, nennen wir sie Julia (Name geändert), also sagt: „Wenn jemand ein
Kopftuch trägt, weil sie sich damit schmückt, ist das kein Problem“, ist damit
dann das Kopftuch für sie legitimiert? Mitnichten. Auch sie erkennt die
Tatsache an, dass es hübsche Tücher gibt, dennoch ist für sie das Kopftuch nach
wie vor unweigerlich mit einer Form von Unterdrückung verbunden. Die einzige
Legitimation, die sie zulässt, ist, wenn eine Frau aus freien Stücken möchte,
dass nur ihr Mann sie unverhüllt sehen darf, „wenn es für sie etwas Besonderes
ist.“ Gleichzeitig spricht sie eine solche freie Entscheidung den Trägerinnen
aber ab, ihre kulturelle Prägung kann ihrer Ansicht nach eine solche
Selbstbestimmtheit gar nicht zulassen. Das sehe ich anders. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Eine
Frau im Hundepark sprach mich an, ob ich konvertiert sei. Sie hatte nicht mein
europäisches Äußeres neugierig gemacht, sondern vielmehr die Tatsache, dass ich
mich durch mein Kopftuch islamisch präsentiere, gleichzeitig aber Hundehalterin
bin. Der Hund ist im Islam zwar nicht verboten, gilt allerdings als unrein und
erfährt damit wenig Popularität unter Muslimen. Sofern ein Hund gehalten wird,
lebt dieser in der Regel draußen, außerhalb des Hauses, um den Gebetsort nicht
zu beschmutzen. Meine Absichten interessierten sie sehr und im Gespräch
erzählte sie mir von einer Freundin, Fatima, die selbst Mutter zweier 13 und 15
Jahre alter Töchter ist. Sie selbst trägt ein Kopftuch, aus eigenem Wunsch,
ihre beiden Töchter jedoch lässt sie frei wählen. Beide haben sich dagegen
entschieden. Auch Nachmittage mit Freundinnen im Schwimmbad oder Saunabesuche
(Kinder dürfen generell nur mir Frauen saunieren) unterbindet sie nicht, selbst
geht sie jedoch nur zu den monatlich stattfindenden Saunatagen für Muslimas. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Es
wäre fahrlässig zu behaupten, dass Fatima nicht aufgrund ihrer kulturellen
Prägung ein Kopftuch trägt. An der Tatsache lässt sich nichts rütteln. Das
bedeutet aber nicht unweigerlich, dass sie nicht anders handeln <b>kann</b>. Das sieht man an ihren Kindern.
Natürlich sind diese auch zum Teil westlich geprägt – sie wachsen hier in
Deutschland auf. Ersetzt wird dadurch die islamische Prägung aber nicht.
Allenfalls erweitert. Ein einzelnes Beispiel, das Julias Theorie ins Wanken
bringt. Nicht für sie. Dabei bin ich selbst das beste Beispiel dafür. Ich bin
das Kind einer deutschen, zum Teil stark katholisch geprägten Familie, das eine
entsprechende Erziehung genossen hat und in Deutschland groß geworden ist.
Dennoch pflege ich Gedankengänge, die sich gegen das traditionelle Selbstverständnis
dieser Kultur richten – sie zumindest nicht unreflektiert weitertragen. Die
Angst vor fremden Kulturen, Religionen und ihren Praktiken, auf die sich die
Vormachtstellung der westlichen Welt seit jeher begründet, ist mir fremd. Ein Lösen
von traditionellen, vorgelebten und kulturell geprägten Denkmustern und
Handlungen ist also grundsätzlich möglich. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Dementsprechend führten wir die Diskussion zum Thema sehr hitzig und laut. Sie endete abrupt im
resignierten Auflegen des Hörers meinerseits – müde von den sich im Kreis
drehenden Worttänzen. Julia dürfte mir dafür sehr dankbar gewesen sein. Was mir
missfällt an ihrer Haltung, ist nicht nur die Prämisse, Unterdrückung sei die
Mutter des Kopftuchs. Mich ärgert besonders die Ignoranz gegenüber anderen Ansätzen,
anderer Denkweisen. Ich spreche keinesfalls ab, dass es fremdbestimmt
Trägerinnen gibt. Genauso gibt es selbstbestimmte Prostituierte, ob man das
glauben mag oder nicht. Aber es ist das Phänomen, alle über einen Kamm zu
scheren, das ich nicht akzeptieren kann. Denn woran erkenne ich eine fremd- von
einer selbstbestimmten Kopftuch-Trägerin? Daran, dass erstere hinter dem Mann
läuft? Wohl kaum. Julias Reaktion und Haltung repräsentiert die der
Gesellschaft. Sie feindet Kopftuchträgerinnen nicht an. Auch mir ist das in
meinem Versuch bisher noch nicht passiert. Hinter der Stirn erfahren sie
dennoch einen Stempel. Den der sich Beugenden, der Abhängigen, der
Untergebenen, aufbauend auf eine Kultur, die sich gegen die Frau zu richten
scheint.</span></div>
<br />
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Die
Frage, ob sie damit nicht eigentlich ein Opfer, nämlich das der in der
westlichen Kultur verhafteten Ansichten ist, stellt sie sich leider nicht. <o:p></o:p></span></div>
Unknownnoreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-11993162546934766462014-01-03T04:48:00.000-08:002014-01-03T05:15:06.065-08:00Das Kopftuch - Unterdrückung oder Befreiung? Prolog<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEioBat1Nu87V8Hi3ChCEv4rk91V1GKQItX62uBX27uKi8ttGr-AI4ocFEKwfY1bZyzIPwaYoERyqf1brYFaKMSzJrAYR2LzVM5JhTMsylMsKjHiHwd3GWBFDXlr-NvKJtaf7-Z7si0Sxw/s1600/IMG_3667.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEioBat1Nu87V8Hi3ChCEv4rk91V1GKQItX62uBX27uKi8ttGr-AI4ocFEKwfY1bZyzIPwaYoERyqf1brYFaKMSzJrAYR2LzVM5JhTMsylMsKjHiHwd3GWBFDXlr-NvKJtaf7-Z7si0Sxw/s320/IMG_3667.JPG" width="291" /></a></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">„Und sprich zu
den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre
Keuschheit wahren sollen und dass sie ihre Reize nicht zur Schau tragen sollen,
bis auf das, was davon sichtbar sein muss, und dass sie ihre Schleier über ihre
Busen ziehen sollen und ihre Reize vor niemandem enthüllen als vor ihren
Gatten, oder ihren Vätern, oder den Vätern ihrer Gatten, oder ihren Söhnen,
oder den Söhnen ihrer Gatten, oder ihren Brüdern, oder den Söhnen ihrer Brüder,
oder den Söhnen ihrer Schwestern, oder ihren Frauen, oder denen, die ihre
Rechte besitzt, oder solchen von ihren männlichen Dienern, die keinen
Geschlechtstrieb haben, und den Kindern, die von der Blöße der Frauen nichts
wissen. Und sie sollen ihre Füße nicht zusammenschlagen, sodass bekannt wird,
was sie von ihrem Zierrat verbergen. Und bekehret euch zu Allah insgesamt, o
ihr Gläubigen, auf dass ihr erfolgreich seiet.“ (Koran, Sure 24, Vers 32)<o:p></o:p></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">„O Prophet!
Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen,
sie sollen ihre verhüllenden Gewänder über sich ziehen. Das ist besser, damit
sie erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist allverzeihend,
barmherzig.“ (Koran, Sure 33, Vers 60)<o:p></o:p></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<i><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">„Wenn ein Mann betet
und prophetisch redet und dabei sein Haupt bedeckt hat, entehrt er sein Haupt.
Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet und
dabei ihr Haupt nicht enthüllt. Sie unterscheidet sich dann in keiner Weise von
einer Geschorenen. Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch
gleich die Haare abschneiden lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande,
sich die Haare abschneiden oder sich kahlscheren zu lassen, dann soll sie sich
auch verhüllen. Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen […].“ (Bibel, 1
Korinther 11, 4-7) <o:p></o:p></span></i></div>
<div class="MsoNormal">
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Schlägt
man heute die Zeitung auf oder lauscht den Kneipengesprächen am Nachbarstisch
könnte man glauben, dass das Kopftuch in den öffentlichen Diskussionen keine Rolle
mehr spielt. Vorbei sind die Zeiten, in denen öffentlich und unter einem großen
medialen Interesse das Für und Wider der vorwiegend islamisch geprägten
Kopfbedeckung diskutiert wurde. Kopftücher sind entweder im allgemeinen Leben
angekommen oder eben erfolgreich verdrängt und verboten worden. So zumindest
scheint es. Tatsache ist aber, dass nach wie vor eine große Anzahl Frauen mit
uns lebt, die aus verschiedenen Gründen ein Kopftuch tragen will und mit diesem
Wunsch oftmals an die Grenze der gesellschaftlichen Akzeptanz stößt.
Anwältinnen müssen vor Gericht ihr Kopftuch ablegen und auch Lehrerinnen ist
das Tragen ihrer Kopfbedeckung in Schulen untersagt, mit Ausnahme des Islamunterrichts.
Von den Hürden bei der Jobsuche mal ganz zu schweigen. Solche Regelungen kommen
einem Berufsverbot gleich. Doch warum gibt es solche Regelungen überhaupt? <br /> <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Der
Westen erlebte das Kopftuch schon früh als Zeichen der Unterdrückung der Frau.
Heute wird darin zudem die Stärkung der fundamentalistisch-muslimischen Kreise
gesehen. Die Zuwanderungsdebatten und Anfeindungen gerade der
türkisch-stämmigen Mitmenschen zeugen von der Angst vor einer kulturellen „Übernahme“.
Aus diesem Grund ist bereits in einigen europäischen Ländern ein
Verschleierungsverbot in Kraft getreten. In Deutschland ist das nicht denkbar –
ein generelles Verbot im öffentlichen Raum verstößt gegen das Neutralitätsgebot
des Grundgesetzes. Anders wird dies bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes
gehandhabt. Im Landesgesetz können und sind Verbote für das Tragen einer
Verschleierung erlassen worden. Laut des Bundesbeamtenrechts
„[…] gibt es allerdings keine mit dem landesgesetzlichen Regelungen
vergleichbaren Verbote des Tragens religiöser Bekleidung. Das politische
Mäßigungsverbot kann grundsätzlich nicht dahingehend ausgelegt werden, dass
Beamtinnen das Tragen von Kopftüchern oder Burkas verboten werden kann“, klärte
der wissenschaftliche Dienst des Bundestages bereits 2010 auf.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: 'Times New Roman', serif; font-size: 12pt;">An dem allgemeinen Konsens, Kopftücher zeichnen ihre Trägerinnen
als rückständig und untergeben, kann dies jedoch kaum etwas ändern. Dabei ist
das Kopftuch für die meisten Frauen ein Akt der Befreiung oder ein Mittel zum Selbstschutz.
Eine pakistanische Bekannte begründete mir gegenüber einst das Tragen ihres
Kopftuches als Sicherheit gegen</span><span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"> sexuelle Übergriffe und Belästigungen. Sie verhülle
ihre Haare, ihren Hals und ihre Brust, um weniger reizend auf Männer zu wirken.
Sie beschwerte sich bei mir über das fehlende Verständnis in Deutschland dazu. „Wir
werden nicht verstanden. Es interessiert auch niemanden wirklich. Wir tragen
ein Kopftuch zum Schutz. Es gibt mir Sicherheit. Ich verstehe nicht, was daran
falsch sein soll.“ Zu behaupten, dass solche sexuellen Übergriffe in
Deutschland zwar möglich sind und vorkommen, jedoch keineswegs vergleichbar mit
denen in Pakistan, Ägypten oder Iran sind, würde von der überhöhten Einschätzung
der „zivilisierten“ westlichen Kultur zeugen, die sie bereits zu Kolonialzeiten
zur Schau gestellt hat. Auch in Deutschland herrscht in vielen Köpfen noch die
Höherstellung des Mannes gegenüber der Frau vor und auch hier glauben noch zu
viele, Mann dürfe sich nehmen was gefällt. Des einen Kopftuch ist also des anderen
Pfefferspray, eingesetzt zur Wehr gegen die Fremdbestimmung des eigenen
Körpers. Also genau das Gegenteil von dem, was mit einem Kopftuch eigentlich
verbunden wird. Oder ist es doch nur integrationshemmend, wie Kritiker
behaupten?<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Fakt ist: Viele
Mädchen und Frauen, die sich heute in Deutschland für das Tragen eines Kopftuches
entscheiden, sind bereits in unsere Gemeinschaft integriert. Nicht selten sind
ihre Familien bereits seit mehreren Generationen hier. Sie sind Deutsche und
leben ihr Leben frei und selbstbestimmt. Entgegen aller Vorurteile kommen sie
meist nicht aus bildungsfernen Haushalten, sondern entstammen aus einem
gebildeten, oftmals städtischem Milieu. Sie handeln weder fremdbestimmt, noch
aus Schutz, sondern gehen damit ihren eigenen Weg zwischen der islamischen
Tradition ihrer Eltern und Großeltern und ihren eigenen Ansichten. Tatsächlich
zeigen sie einen hohen Grad an Mut und Selbstbewusstsein - denn nach wie vor bringt
ein einfaches Tuch auf dem Kopf auch Probleme und Konfrontationen nicht nur im
beruflichen Umfeld mit sich. Mangelnde Deutschkenntnisse, Job als Putzfrau oder die Aberkennung des
Deutsch-Sein sind nur einige der rassistischen Erfahrungen, von denen Trägerinnen
immer wieder berichten.</span></div>
<br />
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "Times New Roman","serif"; font-size: 12.0pt;">Auch
in meinem Fall gab es neben Zuspruch auch heftig geführte Debatten, als ich
meinen Versuch ankündigte, einen Monat lang ein Kopftuch tragen zu wollen. Leider
nicht mit mir, sondern hinter mir. Ich kann mir vorstellen, wie diese gelagert
sind, auch wenn ich den Inhalt nicht wirklich kenne. Es ist vermutlich für
viele, die mich kennen, nur schwer oder auch gar nicht vorstellbar, warum eine
extrovertierte, kulturell sehr westlich geprägte und deren Vorzüge genießende
junge Frau wie ich es bin, sich solch eine „Bürde“ selbst auferlegt. Nun, die
Gründe dafür liegen auf der Hand. Wie kann man über etwas urteilen, dass man
selbst nicht kennt? Das bezieht sich nicht einmal primär auf das Tragen des
Kopftuchs selbst, sondern vorrangig auf die Gesellschaft, die ich gerne für
ihre Engstirnigkeit und Selbstverliebtheit verurteile. Die Debatten und
Rechtsurteile bezüglich des Tragens von religiös motivierten Kopfbedeckungen
sind mir bekannt und werden von mir scharf kritisiert. Unbekannt ist mir jedoch
das unmittelbare Empfinden der Reaktionen auf der Straße, des persönlichen
Umfelds und meiner eigenen Arbeitswelt. Was genau es heißt, ein Kopftuch in
Deutschland zu tragen, werde ich in den nächsten Wochen soweit es mir möglich
ist, herausfinden. <o:p></o:p></span></div>
Unknownnoreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-45167441060410974832013-08-29T00:48:00.001-07:002017-09-17T07:48:13.358-07:00RosenKrieg am Horizont<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="MsoNormal">
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgL8luR7kFumq2_BfatUzHoLS6GGYyUVdnYYHiFt3YnFXxcoeLY4QtoQ8KJoMOn1VBbBQ0-wSJCP41i_zVw2_fm5lE3fYPQlVvmFVIHLNv0zcaObNUX7JKMK0mIleMKvUW2b42V_bAJ4A/s1600/RosenKrieg.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="270" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgL8luR7kFumq2_BfatUzHoLS6GGYyUVdnYYHiFt3YnFXxcoeLY4QtoQ8KJoMOn1VBbBQ0-wSJCP41i_zVw2_fm5lE3fYPQlVvmFVIHLNv0zcaObNUX7JKMK0mIleMKvUW2b42V_bAJ4A/s400/RosenKrieg.jpg" width="400" /></a></div>
<br /></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "times new roman" , "serif";">Nehmen
wir an, Ihre Nachbarn streiten sich. Im Nachbarhaus oder in der Wohnung über Ihnen
streiten sie sich so lautstark, dass an ein Revival vom legendären ‚Rosenkrieg‘
zu denken ist und man sich um Mann, Frau und Kronleuchter (vom Hund ganz zu
schweigen) ernsthaft Sorgen machen muss. Nehmen wir an, dass Sie zu dem Teil
der Bevölkerung gehören, die Zivilcourage besitzen (und das ist nach
Selbstauskunft ja eigentlich jeder). Was tun Sie nun also als rechtsschaffender,
pflichtbewusster und ruheliebender Bürger, der Sie sind? Richtig, Sie drehen
die Musik auf. Sollte das nicht helfen, versuchen Sie – je nach Beziehungsstand
zu den Nachbarn – helfend einzugreifen oder nehmen panisch das Telefon in die Hand und
rufen die Polizei. Wer gar nicht handelt, kann später immer noch als
betroffener, aber nichts geahnt und gehört habender Bürger einen kleinen Gastauftritt in en
RTL-News erhaschen, das sind aber immer die anderen. Dabei stellt <i><span style="background: white; font-style: normal; mso-bidi-font-weight: bold;">Zivilcourage</span></i><span style="background: white;"> die Grundlage für das Leben der Menschen in einer
freiheitlichen Gesellschaft ohne Angst vor Gewalt. </span><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "times new roman" , "serif";">Nun
steht Syrien nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu uns. Und auch die Analogie
zum Rosenkrieg hinkt. Dennoch zeigt es auf, wo die Grenzen unserer Nächstenliebe
liegen – an den Landesgrenzen Deutschlands . Uns erreichen Bilder aus Syrien sowie
anderen Regionen der Welt. Nie waren wir – den Medien sei Dank – in
Friedenszeiten näher an dem Elend anderer Menschen dran, und dennoch waren wir
wohl nie weiter weg. Wir ereifern uns zwar, wir zeigen Empathie und fluchen
über die verdorbene Welt. Kurzzeitig. Darauf ein lassen wir uns nicht. Denn das
würde zwingend ein Handeln fordern. </span><span class="apple-converted-space"><span style="background-color: white; font-family: "arial" , sans-serif; font-size: 10pt;"> „</span></span><span style="background-color: white; font-family: "arial" , sans-serif; font-size: 10pt;">Zivilcouragiert
handelt, wer bereit ist, trotz drohender Nachteile für die eigene Person, als
Einzelner (seltener als Mitglied einer Gruppe) einzutreten für die Wahrung
humaner und demokratischer Werte</span> […]“, <span style="background-color: white; font-family: "times new roman" , serif;">schreibt Wikipedia</span><span style="background-color: white; font-family: "arial" , sans-serif; font-size: 10pt;">. </span><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Aber
was kann man schon tun? Versteckt hinter der Hilflosigkeit des kleinen Bürgers gibt
es ab und an einen Aufschrei, eine Demo vielleicht – kaum größer als eine Hochzeitsgesellschaft.
Große Taten sind spätestens seit dem Irakkrieg vorbei. Wir zeigen uns
solidarisch mit dem Volk, Asyl gewähren wollen wir aber nicht. Eine militärische
Intervention kommt für die meisten nicht in Frage. Der deutsche Soldat kämpft
für deutsche Leben bitteschön, sonst wäre er ja kein deutscher Soldat. </span></div>
<div class="MsoNormal">
<span style="font-family: "times new roman" , serif;">Die
Ärzte sangen einst „Gewalt erzeugt Gegengewalt, hat man dir das nicht erklärt“.
Als Homo sapiens, der sich nicht nur durch seinen aufrechten Gang, sondern besonders
durch seine Gabe der Selbstreflexion aus der Masse der Lebewesen heraushebt,
sollte man dies natürlich nicht als Naturgesetz verstehen und danach handeln. Ein
Eingreifen in konfliktbehaftete Regionen muss gut überlegt werden. Allem voran
müssen unweigerlich diplomatische Verhandlungen und gegebenenfalls politische
und wirtschaftliche Sanktionen erfolgen. Der Konflikt in Syrien hat diese
Ebenen aber schon längst verlassen. Spätestens seit dem Einsatz von chemischen
Waffen darf die Welt nicht tatenlos zusehen. Dabei ist es egal, ob das Giftgas
von Assads Regime oder von den Rebellen eingesetzt wurde. Das zwingende Moment
ist die schlichte Tatsache, </span><b style="font-family: 'Times New Roman', serif;">dass</b><span style="font-family: "times new roman" , serif;">
solche Waffen eingesetzt werden. Der gute Bürger unserer zivilen Gesellschaft
hat damit aber wenig am Hut. Syrien ist weit weg und man selbst nicht in
Gefahr. Deshalb hält er seine Siebensachen zusammen, schnappt sich eine
Chipstüte und dreht einfach die Musik lauter.</span><span style="font-family: "times new roman" , serif;"> </span></div>
Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-8948242927153003683.post-42401418305714413322013-08-24T12:50:00.000-07:002013-08-24T13:21:34.311-07:00Die Weltmeisterschaft – mehr als nur ein Titel -Wie Obdachlose die WM 2010 erleben-<div style="text-align: justify;">
<div style="text-align: left;">
Es ist wieder soweit. Seit zwei Wochen fliegen uns die Bälle um die Ohren. Die WM hat sich ihren Platz in unsere Wohnzimmer, Kneipen und das öffentliche Treiben gesucht. Um unsere Aufmerksamkeit zu kämpfen braucht sie nicht. Laut einer Studie schauen in diesen Tagen 90 Prozent der Deutschen Fußball und öffnen der Weltmeisterschaft Tore und Türen. In Zeiten starker Euphorie, Jubel und Patriotismus nehmen dennoch 10 Prozent nicht an diesem gesellschaftlichen Ereignis Teil und zeigen sich gänzlich unbeeindruckt – sie verweigern Fähnchen, Lobchöre und Hupkonzerte. Doch was ist mit denen, die nicht mehr an der Gesellschaft teilnehmen?<br />
<br /></div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<div style="text-align: left;">
Ich treffe mich mit Arno, einem 57-jährigen Obdachlosen und seinem Schlafplatzkollegen Dieter, 52 Jahre auf den Ringen in Köln. Die beiden wurden nicht Freunde beim freizeitlichen Fußballspielen, sondern erst auf der Straße, wo sie seit mehr als zehn Jahren leben. Auch heute sind sie zusammen unterwegs, sitzen am Rande des Bürgersteigs irgendwo in Köln und es scheint, als nähmen sie kaum Notiz von den vielen Fans, die laut ihrer Enttäuschung über die 1:0 Niederlage gegen Serbien Luft machen. Es wird geweint, gelacht, gegrölt und gegen die paar serbischen Fans, die sich zum Hupkonzert zusammengefunden haben, gepöbelt, aber auch gefeiert. Ruhe strahlen hier nur Arno und Dieter aus, wie sie da sitzen auf ihren khakifarbenen Schlafsäcken. Kein schwarz-rot-gold auf 1,5 m² – die einzigen in der gesamten Stadt, wie es scheint. „Fußball hat mich auch schon früher nicht interessiert“, erzählt Arno.</div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<div style="text-align: left;">
Ganz früher, als Junge, hätte er schon mal gespielt, aber das sei lange her. Danach hätte er andere Interessen entwickelt. Bald darauf fingen seine Probleme an, die ihn heute hier sitzen lassen, „da half auch kein Fußball mehr“. Dieter hingegen hat, als er noch einen Fernseher, Wohnung und ein „intaktes Leben“ hatte, oft Fußball geschaut. „HSV – das war meine Mannschaft.“ Letztendlich nutzte er die gemeinsamen Fußballabende mit Freunden mehr zum Trinken, als aus Interesse am runden Leder und auch daheim, wenn er allein war, wurde das Bier irgendwann wichtiger als das Spiel. Dennoch hätten sie heute schon gerne mehr Anteil an der WM. „Das ist immer noch mein Land, auch ich habe Stolz – das vergessen viele oder glauben es nicht.“ </div>
<div style="text-align: left;">
Die Chancen diesen Stolz zu zeigen sind gering. Aus Kneipen werden sie vertrieben, Geld für den Eintritt im Stadion haben sie sowieso nicht und willkommen beim Public Viewing fühlen sie sich schon gar nicht. Flaschen einsammeln am Rande, das dürfen sie noch; ein WM-Feeling wie es der Rest Deutschlands gerade erlebt, ist dies jedoch nicht. „Wir schauen schon mal auf den Anzeigetafeln der KVB die Ergebnisse nach. Aber das war’s.“ Von dort erfahren sie dann auch, welche Mannschaften überhaupt gegeneinander antreten. „Trotzdem ist es nicht so schlecht. Die Leute haben Spaß, diese Stimmung überträgt sich. Zudem sind sie so beschäftigt und lassen uns in Ruhe.“ Nur wenn Deutschland verliert, dann kriegen die zwei einige Aggressionen ab – das kennen sie schon aus vergangenen Meisterschaften. Da bleibt für die zwei nur zu hoffen, dass Deutschland Weltmeister wird …</div>
</div>
Unknownnoreply@blogger.com0